Fruchtfliege im Glas – warum riecht mein Wein
plötzlich anders?
Ein lauer Sommerabend, ein gutes Glas Wein, ein Gespräch auf der Terrasse –
und dann landet sie: eine kleine Fruchtfliege im Glas. Unbemerkt für die
meisten, aber für manche ein Moment des Innehaltens. „Der Wein riecht jetzt
irgendwie anders.“ Kommt dir das bekannt vor?
Du bildest dir das nicht ein. Im Gegenteil: Deine Nase hat Recht.
Klein, aber oho: Was Fruchtfliegen im Wein
anrichten
Fruchtfliegen – korrekt: Drosophila melanogaster – sind nicht nur
lästig, sondern bringen auch ihre eigenen Aromen mit. Genauer gesagt: Sie
tragen Essigsäurebakterien und Hefen auf ihrer Oberfläche. Gelangen
diese Mikroorganismen ins Glas, können sie den Geruch des Weins spürbar
verändern.
Doch es wird noch interessanter: Weibliche Fruchtfliegen sondern einen
Duftstoff ab, der in winzigsten Mengen ausreicht, um das Aroma zu kippen. Der
Stoff heißt (Z)-4-undecenal – ein Pheromon, das so intensiv riecht, dass
es selbst in homöopathischer Dosis den Wein „verunreinigt“. Für feinfühlige
Nasen wirkt das wie ein Fremdkörper im Bukett.
Warum rieche ich das – und andere nicht?
Nicht jeder nimmt diese Veränderung wahr. Das hat gleich mehrere Gründe:
Genetik:
Die Fähigkeit, bestimmte Duftstoffe wahrzunehmen, ist individuell
unterschiedlich. Manche Menschen reagieren extrem sensibel, andere gar
nicht.
Sensorisches
Training:
Wer regelmäßig Weine verkostet oder
beruflich mit Aromen arbeitet, erkennt selbst kleinste Abweichungen.
Aufmerksamkeit:
Wenn du weißt, dass eine Fliege im Glas war, achtest du automatisch
auf Veränderungen – dein Gehirn ist im „Analysemodus“.
Anpassung:
Viele Menschen gewöhnen sich schnell an Gerüche. Was dir auffällt,
übergeht ein anderer unbewusst.
Kurz gesagt: Wenn du den Unterschied riechst, dann bist du nicht
überempfindlich, sondern einfach aufmerksam. Und wahrscheinlich jemand, dem
Wein nicht einfach nur schmeckt, sondern etwas bedeutet.
Was tun, wenn’s passiert?
Nicht
trinken.
Der Wein ist zwar nicht verdorben im
klassischen Sinn, aber geschmacklich beeinträchtigt.
Glas neu
einschenken.
Wenn möglich, aus der Flasche nachgießen –
oder ein neues Glas nehmen.
Vorbeugen:
Besonders im Sommer beim offenen Ausschank
lohnt es sich, das Glas mit einem kleinen Deckel, Untersetzer oder Tuch zu
schützen. Fruchtfliegen werden vom Alkohol und den Aromen magisch
angezogen.
Ein Zeichen guter Sensorik
Was für andere unbemerkt bleibt, ist für dich ein Hinweis: Dein
sensorisches Feingefühl funktioniert.
Wer Wein liebt, schult mit jedem Glas seine Wahrnehmung – und entwickelt
ein Gespür für Qualität.
Eine Fruchtfliege mag klein sein, aber sie erinnert uns daran, dass Weingenuss
mehr ist als nur Geschmack: Es ist eine Frage der Aufmerksamkeit, des Moments
und der Verbindung zu dem, was im Glas geschieht.